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Sauberes Wasser zahlt sich aus - Experten aus der Region beteiligten sich bei Workshop in Osnabrück

Sauberes Wasser zahlt sich aus - Experten aus der Region beteiligten sich bei Workshop in Osnabrück

Immer mehr Behörden und öffentliche Institutionen müssen damit leben, dass sich heutzutage gegen den Widerstand von Menschen nur wenig umsetzen lässt. Wenn irgendwo etwas gebaut - oder etwas beseitigt werden soll, dann sind die Verantwortlichen gut beraten, frühzeitig und mit offenem Visier das Gespräch mit den betroffenen Bürgern zu suchen. Sonst kann das schief gehen. Der Verein "Bergische WasserkompetenzRegion :aqualon", hinter dem hauptsächlich der Wasserverband Wupperverband und der Rheinisch-Bergische Kreis stehen, ist angetreten, in Sachen Offenheit neue Wege zu beschreiten.
Dies zeigte sich beim Workshop ":aqualon trifft Wissenschaft" mit hochrangigen Vertretern aus der Wasserwirtschaft in Osnabrück. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) sowie der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) wurde einen Tag lang darüber diskutiert, wie das so wichtige Thema Wasser stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden kann.

Ein Hauch von Bürokratie

Wie ein roter Faden zogen sich dabei die Buchstaben ÖSL durch die Debatten. Sie stehen für das Wort "Ökosystemleistungen", das zwar auch einen Hauch von Bürokratie in sich trägt, aber eine ziemlich konkrete Bedeutung für ganz normale Bürger hat. Denn ÖSL beschreiben Leistungen, die von der Natur erbracht werden, ohne dass der Mensch zunächst einmal seine Hand im Spiel hatte. Wie zum Beispiel natürliche Vorkommen von Trinkwasser, der Freizeitwert der Landschaft oder auch die selbstreinigende Funktion vieler Abläufe in der Natur.
Wenn heutzutage Flüsse und Bäche renaturiert werden sollen, dann kostet das zunächst einmal eine Menge Geld. Der Gegenwert dieser Leistungen liegt jedoch erstaunlicherweise häufig und weit über diesen Baukosten. Dr. Mario Sommerhäuser von der Emscher-Genossenschaft in Essen macht folgende Rechnung auf: Für den Umbau der Emscher - einst als Kloake des Ruhrgebiets verschrieen - habe man insgesamt 5,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Der gesellschaftliche Nutzen für die kommenden Jahrzehnte liege jedoch bei 10,5 Milliarden Euro. Darunter fallen nicht nur die 5500 durch den Umbau geschaffenen Arbeitsplätze, sondern auch der Gegenwert der neugeschaffenen Freizeiteinrichtungen entlang des wieder sauberen Flusses (Radwege, Parks und ähnliches).
"Wir müssen diese Sachverhalte besser an die Menschen heranbringen und damit die Entwicklung des Raumes mit der Wasserwirtschaft in Einklang bringen", sagt der Vorstand des Wupperverbands, Georg Wulf. Aqualon-Vorstand Professor Bernd Wille geht noch einen Schritt weiter: "Die Behörden allein können diese Ziele nicht erreichen. Die Menschen müssen mitgenommen werden. Aber noch werden die Menschen, die erreicht werden müssen, nicht in jedem Fall erreicht."
Große Probleme der Wasserwirtschaft sind heutzutage allerdings auch vom Menschen verursacht worden, nicht nur an der Emscher. In Kläranlagen fallen immer mehr Mikroschadstoffe und Arzneimittel-Rückstände an. In ländlichen Gebieten bereitet die Landwirtschaft Sorgen. Dr. Volker Wachendörfer von der Bundesstiftung Umwelt wird da sehr konkret: "Seien Sie froh, dass unsere Konferenz hier in Osnabrück jetzt stattfindet", warnt er die Teilnehmer. "In drei Wochen wird die Region mit Gülle überschwemmt."
Bei diesem Thema wird ein Umdenken stattfinden müssen, pflichten ihm die niedersächsischen Fachreferenten der Konferenz bei. Die Nitratbelastung des Grundwassers bereite allgemein Sorgen. Umso erstaunter zeigt man sich, als Wupperverband-Vorstand Georg Wulf erfreut berichtet, dass sich die Wasserverbände im Bergischen Land mit der örtlichen Landwirtschaft bereits auf konkrete Maßnahmen verständigt hätten, "die zu unserer großen Zufriedenheit auch funktionieren".
In einem Punkt sind sich alle Teilnehmer einig: Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie wird nicht wie geplant umgesetzt werden können. Bei der WRRL handelt es sich um einen Forderungskatalog der Europäischen Union, die Wasserläufe in allen Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2025 in einen naturnahen Zustand zu versetzen. Während Deutschland sich auf diesem Gebiet beeilt, aber auch nicht rechtzeitig fertig zu werden droht, gehen andere Staaten das Thema mit einer gründlichen Gelassenheit an. Überall sei versäumt worden, die Öffentlichkeit - und damit die Bürger - angemessen zu beteiligen, hieß es. Und genau dies müsse man nun schleunigst ändern.

Die Veranstaltung

Bei dem Workshop ":aqualon trifft Wissenschaft" in Osnabrück handelte es sich um den dritten seiner Art, die der Verein in Zusammenarbeit mit Partnern ausrichtete. Bei einer vierten Konferenz werde voraussichtlich der Austausch mit Vertretern der Wirtschaft im Mittelpunkt stehen, sagte Aqualon-Geschäftsführerin Birgit Bär. Der Verein will sich auch für andere Bürger sichtbarer präsentieren. Im kommenden Jahr soll am Betriebshof des Wupperverbands am Staudamm der Großen Dhünn-Talsperre in Lindscheid ein Infozentrum entstehen. Birgit Bär: "Wir werden sichtbar, besuchbar und haben eine Adresse, an der man sich über wichtige Themen der Wasserwirtschaft informieren kann." Der Verein :aqualon, dem rund 30 Mitglieder aus den Kommunen, der Wasserwirtschaft, der Landwirtschaft und den Naturschutzverbänden angehören, ist als Modellprojekt im Rahmen der Regionale 2010 gegründet worden und gilt als beispielhaft in Deutschland. (ew)

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